Nach der Wende war das neugebildete Sozialamt Köpenick verantwortlich für 12 Senioren- und Behinderteneinrichtungen mit mehr als 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Gemäß den gültigen Regelungen sollte der Staat nur dann Träger von Einrichtungen sein, wenn nicht freie Träger die Einrichtungen in eigener Verantwortung führen wollen (sog. Subsidiaritätsprinzip). Die Liga der Wohlfahrtsverbände bot an, die eine oder andere Einrichtung vom Bezirksamt Köpenick in die eigene Trägerschaft zu übernehmen. Das neue Pflegeversicherungsgesetz regelte zudem für die neuen Bundesländer, dass Seniorenpflegeheime mit öffentlichen Mitteln saniert werden können, wenn sich die Einrichtungen in freier Trägerschaft befinden.
Das Sozialamt Köpenick begann bereits wenige Monate nach der Wende, Übergangskonzepte zu entwickeln. In diesem Zusammenhang beabsichtigten die Sozialstadträtin, Frau Helga Walter, und das Bezirksamt Köpenick, Herr Dr. Ulbricht, dass zum Wohle der Bevölkerung eine Seniorenpflegeeinrichtung sowie eine Behinderteneinrichtung in der mittelbaren Verantwortung des Bezirksamtes verbleiben sollten. Verschiedene Varianten der Umsetzung wurden diskutiert; mit freien Wohlfahrtsträgern wurde über die Übergabe/Privatisierung der bezirklichen Einrichtungen verhandelt.
Auf Vorschlag des Sozialamtes begann dann das Bezirksamt, eine private gemeinnützige Sozialstiftung zu bilden. Der Vorteil einer solchen Institution war und ist, dass das Vermögen in der Stiftung verbleibt. Mögliche Überschüsse nutzt die Stiftung und damit die Einrichtungen. Politische Zielvorgabe für das Sozialamt war es dann, eine Sozialstiftung zu gründen, in die die drei Seniorenpflegeheime in der Werlseestraße, die Behinderteneinrichtungen in der Ahornallee sowie der Mentzelstraße eingebunden werden sollten.
Bei der Gründung der Sozialstiftung traten dann zwei besondere Probleme auf: Das Sozialamt Köpenick musste von einem Tag zum anderen sicherstellen, dass die Stiftung mit der Gründung auch wirtschaftlich überleben konnte. Dies war eine besondere Herausforderung. Anders als die in der alten Bundesrepublik bereits erfahrenen Wohlfahrtverbände waren im Bezirksamt Kenntnisse zum wirtschaftlichen Führen von Einrichtungen noch wenig ausgeprägt. Sowohl die Senatsverwaltung für Soziales als auch Vertreter des Bezirksamts waren damals sehr skeptisch, ob es gelingen würde, die Sozialstiftung Köpenick wirtschaftlich zu führen.
Das zweite Problem bestand darin, dass das Haus III in der Werlseestraße ein sogenanntes Regierungskrankenhaus war. Es gehörte nicht dem Land, sondern nun der Bundesrepublik als Rechtsnachfolger der DDR. In Deutschland gab es nur eine Pflegeeinrichtung, für die es keine gesetzliche Regelung zur Überleitung gab, und das war dieses Haus III. In einem langen Schriftverkehr über mehrere Monate mit dem Bundesfinanzminister, Herrn Schäuble, wurde die Übertragung dieses Hauses an das Land Berlin, hier an den Bezirk Treptow-Köpenick, erreicht und dann als Vermögen für die Stiftung bestimmt.
Interessant war in diesem Zusammenhang Folgendes: In den Häusern I und II der Seniorenheime in der Werlseestraße, die von „Normalbürgern“ der DDR belegt wurden, wohnten 240 Senior*innen und arbeiteten etwa 120 Mitarbeiter*innen. Im Haus III war es umgekehrt. Es war von daher nicht einfach, aus den 3 Häusern eine Einrichtung mit gemeinsamer Leitung, mit einem gemeinsamen Seniorenbeirat und einem gemeinsamen Betriebsrat und natürlich einheitlichem Personalschlüssel zu bilden.
Die Stiftung wurde lange Zeit von einem ehrenamtlich besetzten Vorstand geleitet. In 2010 entschied der Vorstand eine Neuaufstellung, die den aktuellen Anforderungen der Leitung einer solcher Stiftung besser gerecht würde: Es wurde das Kuratorium gegründet, das die strategische Entwicklung der Stiftung bestimmt und die für das operative Geschäft zuständige Geschäftsführung überwacht. Die Geschäftsführung wurde als zweites sog. „Organ“ mit der federführenden Wahrnehmung des Alltagsgeschäfts beauftragt.
In die 25 Jahre seit Bestehen fallen sehr viele und verschiedene Aktivitäten. Besonders erwähnt werden sollen an dieser Stelle: Alle Häuser wurden vollständig saniert und auf modernsten Stand gebracht oder gar neu gebaut (z.B. Wohnheim Mentzelstraße inkl. der dortigen Wohngruppe 6). Es wurde ein Hospizdienst entwickelt, in dem heute mehr als 100 ehrenamtlich engagierte Bür-ger*innen arbeiten. Die Angebote der Kurzzeitpflege wurden eingerichtet.
Die Angebote für Menschen mit Behinderungen wurden ergänzt: durch das Betreuungs- und Förderangebot (inkl. Neubauten in der Mentzelstraße), das Betreute Einzelwohnen. Darüber hinaus wurden in der Niebergallstraße zwei Hauses für ein ServiceWohnen für Senior*innen erbaut.
Auch nach 25 Jahren lässt sich also sagen: Das war genau der richtige Schritt des Bezirksamts und des Landes Berlin, die Sozialstiftung Köpenick zu gründen. Die Sozialstiftung Köpenick hat einen guten Ruf, alle Einrichtungen sind gut ausgelastet. Die Betreuung der Senioren*innen sowie der Menschen mit Behinderungen in den Einrichtungen wird sowohl von den Personen, die unsere Dienste in Anspruch nehmen, als auch von den zuständigen Prüfstellen gelobt.
Für nahezu 500 Menschen ist die Stiftung ein attraktiver Arbeitgeber. Und nicht ganz unwesentlich: Die Stiftung hat sich vom ersten Tag an als wirtschaftlich erwiesen. Zudem wurde etwa erwirtschaftetes Vermögen zu Gunsten der Angebote eingesetzt, genau wie es den Grundsätzen der Gemeinnützigkeit entspricht.
Rainer Kleibs
Dieser Text wurde unter wesentlicher Berücksichtigung der Vorarbeiten zum 15jährigen Bestehen der Stiftung von Herrn Jens Meißner (Schriftsatz vom 30.10.2012) erstellt. Herr Meißner war als Leiter des Sozialamts wesentlicher Impulsgeber für die Stiftungsgründung. Er ist für die Stiftung aktiv, aktuell im Kuratorium.